Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt in St. Gallen bereitet die Prüfstellen auf die Digitalisierung vor. Bei Neuanschaffungen wird deshalb heute schon darauf geachtet, dass später die Prozesse digitalisiert werden können. Patrick Schnelli, Leiter Abteilung Prüfungen und Stv. Amtsleiter, Markus Signer, Prüfstellenleiter Oberbüren und Thomas Studach, Prüfstellenleiter Buriet in Thal haben uns einen Einblick in den Alltag der Prüfstellen gewährt.
In Oberbüren wurden während der Sommerferien drei MAHA-Hebebühnen von der KSU A-Technik AG eingebaut. Ein Bremsprüfstand der KSU ist bereits im Einsatz. Die Prüfungen werden in Zukunft nahezu papierlos ablaufen. Das Ziel ist es, dass die Ergebnisse der verschiedenen Prüfstände automatisch in den digitalen Prüfbericht übernommen werden. Das macht den Ablauf in Zukunft effizienter. Effizienz wurde aber auch schon jetzt mit den neuen Hebebühnen geschaffen
Markus Signer: «Mit den neuen Doppel-Scheren-Hebebühnen sparen wir Platz an der Seite. Somit ist es neu möglich, dass sich Autos in der Halle überholen können. Man muss nicht mehr aufeinander warten. An Spitzentagen haben wir zwischen 250 bis 300 Fahrzeuge, welche wir prüfen.»
Platzverhältnisse und Arbeitsabläufe
Patrick Schnelli: «Die Platzverhältnisse vor der Prüfhalle sind hier in Oberbüren eher bescheiden. Diese werden zwar noch leicht ausgebaut, aber wir sind trotzdem auf einen reibungslosen, schnellen Ablauf angewiesen.» Oberbüren ist die grösste Prüfstelle im Kanton und beschäftigt 19 Verkehrsexperten. Für die Prüfung eines PW’s sind jeweils 20 Minuten eingeplant. Durch diesen Durchlauf werden die Geräte bis zu 10x mehr beansprucht als in einer KFZ-Werkstatt.
Patrick Schnelli: «Unsere Prozesse wurden generell optimiert. Die Kunden warten direkt vor der Prüfhalle im Auto und nicht mehr wie früher im Gebäude. Seit Corona sind die Kunden auch nicht mehr zwingend bei der Prüfung dabei, sondern im Warteraum. Dies erhöht auch die Sicherheit beim Prüfungsablauf. Gerade jetzt, wo in der Halle überholt werden kann und immer mehr geräuschlose Elektrofahrzeuge unterwegs sind.» Der Einbau der Hebeanlagen wurde während der Sommerferien durchgeführt, um grössere Einschränkungen zu vermeiden. In dieser Zeit sind weniger Verkehrsexperten vor Ort.
Alltag, Veränderung und Herausforderungen
Die Anzahl der Autos in der Schweiz nimmt zu. Im Kanton St. Gallen sind dies pro Jahr zwischen 5000 bis 8000 Fahrzeuge (Anhänger eingerechnet). Um diese Menge zu bewältigen, werden pro Jahr ca. zwei neue Verkehrsexperten benötigt. Die Prüfungsdauer pro Fahrzeug ist bereits auf dem Minimum, die Infrastruktur wurde so weit wie möglich ausgebaut. Letztes Jahr wurde das Gebäude in Oberbüren aufgestockt. Ab 1. Januar 2023 werden neu an den Standorten Oberbüren und Buriet die Hauptgeschäfte im Bereich Verkehrszulassung angeboten, welche vorher über die zentrale Stelle in St. Gallen, den Aussenstellen Mels und Kaltbrunn, wie auch über die Poststellen im Angebot waren. Der Vertrag mit der Post wurde aufgrund der Angebotserweiterung in den Prüfstellen Oberbüren und Buriet gekündigt.
Patrick Schnelli: «Die Herausforderung besteht darin, dass ein Verkehrsexperte pro Tag bis zu 25 Fahrzeuge auf dem Programm hat, welche er im 20 Minuten-Takt prüft. Wenn es Komplikationen gibt, ist man schnell unter Zeitdruck. Wenn ein Prüfgerät nicht funktioniert, ist das eine grosse Einschränkung. Auch Verspätungen oder Zusatzwünsche von Kunden können den Zeitplan durcheinanderbringen. Wir sind darauf angewiesen, dass unsere Anlagen einwandfrei funktionieren. Dies lösen wir zum einen über einen Wartungsvertrag und zum anderen pflegen wir die Anlagen teilweise selbst. Bei uns arbeiten alles Mechaniker, welche bis zu einem gewissen Grad auch eigenständigen den Unterhalt der Anlagen bewerkstelligen können.
Service, Vertrauen und Verantwortung
Markus Signer: «Super ist, wenn wir den Lieferanten anrufen können und dann eine schnelle Lösung bereitsteht oder ein Monteur vor Ort ist. Wir können es uns nicht leisten, dass zum Beispiel eine Hebebühne mehrere Tage ausser Betrieb ist. Bei der KSU funktioniert das super. Wenn ich Stefan Caprioli (Technischer Kundendienst Leiter Fahrwerksprüfung) anrufe, staune ich manchmal. Der kennt sogar Ersatzteilnummern auswendig und ist immer sehr lösungsorientiert. Wenn das Ersatzteil selbst ersetzt werden kann, dann hat man es am nächsten Tag.»
Natürlich kann es auch personelle Ausfälle geben, wie durch Krankheit oder Unfall. Dafür hat das Strassenverkehrsamt eine Pikett-Organisation. Wenn jemand krank ist, kann er zwischen 06:15 und 06:30 Uhr auf das Pikett-Telefon anrufen. Ein Verkehrsexperte ist immer im Pikettdienst. Diesem wird dann mitgeteilt, wo er seinen Einsatz hat. Fällt niemand aus, steht der Pikettmann für kurzfristige Termin zur Verfügung.
Markus Signer: «Wir führen eine Warteliste für Personen, welche es mit der Prüfung eilig haben. Die besteht aus Garagisten, aber auch aus Privatpersonen. Zum Beispiel kommt es immer wieder vor, dass Kunden mit ihrem frisch importierten Wohnmobil in die Ferien fahren möchten und umgehend einen Prüfungstermin wünschen. Diesen Kunden kann dann kurzfristig ein Prüfungstermin vergeben werden.»
Elektromobilität und Digitalisierung
Die Zunahme an Elektrofahrzeugen bringt auch für die Prüfstellen Veränderungen. Die Mitarbeiter werden extern entsprechend weitergebildet. Im Prüfprozess selbst sind die Änderungen aber nicht markant. Fahrwerk, Bremsen und Karosserie sind gleich.
Markus Signer: «Der grösste Unterschied ist, dass dem Verkehrsexperten die Gefahren eines Elektroautos bewusst sind. Wenn ein Elektrofahrzeug auf dem Lift ist und der Kunde das Auto einschaltet, so hört man dieses nicht. Bei einem Verbrenner ist dies anders. Auch das ist ein Grund, weshalb die Kunden sich während der Prüfung im Warteraum aufhalten. Eine Fehlmanipulation kann so ausgeschlossen werden.»Patrick Schnelli: «Wir sensibilisieren unsere Leute darauf, dass nie jemand vor einem Auto steht, solange noch jemand im Auto sitzt und hantiert. Die Prüftechnik bleibt aber die gleiche.»
Neue Vorschriften – langfristige Lösungen
Nächstes Jahr gibt es neue Abgasvorschriften. Dieselfahrzeuge mit Partikelfiltern müssen bei der periodischen Prüfung gemessen werden. Dies wird mit Stichproben durchgeführt. Deshalb werden bei KSU die Partikelmessgeräte von MAHA bestellt. Auch diese können später digital angebunden werden, um die Messergebnisse in den digitalen Prüfbericht einfliessen zu lassen.
Patrick Schnelli: «Wir haben mit MAHA gute Erfahrungen gemacht, deshalb wollen wir auch in Zukunft beim Ersatz von Prüfgeräten auf diese Marke setzen. Mit KSU haben wir eine gute Zusammenarbeit. Uns ist wichtig, dass der Bereich vom Service gut funktioniert. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Das macht für uns den Preisunterschied, der manchmal da ist, wieder wett. Man hat ein Produkt, das in der Anschaffung zwar etwas teurer ist, aber in der Langlebigkeit und im Serviceverhalten unseren Ansprüchen gerecht wird.
Markus Signer: «Die Beratung funktioniert super, aber auch die Projektleitung bei der KSU ist sehr gut. Wie bei den Hebeanlagen welche wir jetzt eingebaut haben. Roland Strebel (Projektleiter) hat viel Erfahrung. Er hat im Vorfeld alles besichtigt und vermessen. So gab es keine Überraschungen.
Auch die Prüfstelle Buriet in Thal wird in den nächsten Jahren mit vier neuen MAHA-Hebeanlagen ausgestattet. Eine ist bereits vorhanden, welche vor 1.5 Jahren installiert wurde. Hier arbeiten 17 Verkehrsexperten und ein Disponent. An Spitzentagen werden hier über 200 Fahrzeuge geprüft. Thomas Studach, Prüfstellenleiter Buriet sieht die Herausforderung auch bei der Flexibilität: «Ich sehe mich als Vermittler zwischen den Parteien. Wenn ein Lastwagen zur Prüfung aufgeboten wird und gleich den Anhänger auch noch mitbringt, dann geht das in der vorgesehenen Zeit nicht. Wir versuchen aber im Rahmen der Möglichkeiten eine Lösung zu finden.»
Auf die Frage, wie sich der Prüfablauf in den nächsten zehn Jahren verändern wird erklärt Thomas Studach: «Ich gehe davon aus, dass wir nur noch mit dem Tablet arbeiten, weniger Papier und keine externen Anzeigen mehr haben werden. Vielleicht kommt dann auch der Prüfbescheid aufs Mail oder aufs Handy.»
In seiner über 30-jährigen Karriere bei der Prüfstelle hat Thomas Studach schon einiges erlebt. Das älteste Fahrzeug, dass er bis jetzt prüfen durfte, war ein Saurer AM II von 1913. Von diesem Fahrzeug hat er sogar noch Fotos und es gibt auch ein Buch über das Fahrzeug, welches er besitzt.